Vom ersten Website-Besuch zum Stammkunden: Wie funktioniert ein Marketing-Funnel?
Der Marketing-Funnel bildet das Kaufverhalten Ihrer Kunden übersichtlich ab. So können Sie als Unternehmen, Content und Prozesse in jeder einzelnen Phase des Customer Journey zielgruppengerecht für Ihre Kunden bereitstellen – und sie so zu Stammkunden machen.
Einordnung des Marketing-Funnel
Um aus einem Interessenten letztlich einen Kunden zu machen, haben in Unternehmen viele Abteilungen ihre Finger im Spiel. Von Marketing über Produkt-Management bis zum Vertrieb. Die Vorgehensweise wird häufig vom sogenannten „(Marketing-)Funnel“ abgeleitet. ‚Funnel‘ bedeutet auf Deutsch ‚Trichter‘ und ist eine vereinfachte, meist grafische Darstellung davon, wie ein Verkaufsprozess aussieht. Sinnbildlich fallen alle Interessenten eines Produktes oder eines Unternehmens oben in die Trichteröffnung hinein. Unten fallen die Interessenten wieder heraus, die letztlich zu Kunden werden. Dabei kann der Funnel potenzielle strategische Lücken in der Vorgehensweise aufzeigen.
Häufig ist nicht nur vom Marketing-Funnel, sondern auch vom Sales-Funnel oder Conversion-Funnel die Rede. Während der Sales-Funnel speziell einen Kaufabschluss zum Ziel hat, soll mithilfe des Conversion-Funnels eine bestimmte Aktion des Interessenten forciert werden. Das kann ein Kaufabschluss sein, aber beispielsweise auch die Anmeldung zum Newsletter Ihres Unternehmens. Da grundsätzlich jeder Funnel dem Zweck des Marketings dient, lassen sich alle Funnel übergeordnet als Marketing-Funnel bezeichnen.
Der Marketing-Funnel ist historisch gewachsen
Schon 1898 hat der US-amerikanische Werbestratege Elias St. Elmo Lewis den traditionellen Marketing-Trichter entwickelt, der heute ganz allgemein unter dem AIDA-Modell bekannt ist. AIDA steht dabei für:
- Awareness: Aufmerksamkeit erzeugen
- Interest: Interesse wecken
- Desire: Verlangen hervorrufen
- Action: Handlungsaufforderung
Auf dieser Grundlage ist der Marketing-Funnel entstanden, wie er früher oder später jedem Marketer über den Weg läuft. Aus dem Funnel leitet sich ab, welche Maßnahmen Sie als Unternehmen zu welchem Zeitpunkt ergreifen sollten, um möglichst viele Kunden von sich zu überzeugen. Alternativ zum AIDA-Modell kann ein Marketing-Funnel auch in folgende drei Phasen unterteilt werden:
- Top of the Funnel (oder ToFu/Wahrnehmungsphase): In dieser Phase sollten Sie als Unternehmen eine hohe Aufmerksamkeit generieren und möglichst viele Kontaktpunkte zu potenziellen Kunden schaffen. Dabei sprechen Sie ein breites Publikum an.
- Middle of the Funnel (oder MoFu/Abwägungsphase): Jetzt ist es an der Zeit, konkrete Produkte zu nennen und sich als Marke deutlich zu positionieren. Hier richten Sie sich bereits spezifisch an Interessenten.
- Bottom of the Funnel (oder BoFu/Konversionsphase): Im letzten Schritt ist es ratsam, so viele Hürden wie möglich aus dem Weg zu schaffen. So erleichtern Sie Ihren Kunden den (Kauf-)Abschluss.
Jede dieser Phasen eignet sich für unterschiedliche Content-Formate, die dem Ziel der jeweiligen Phase am besten gerecht werden. Während Personen aus dem Publikum eher nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik suchen, braucht ein Interessent konkrete Unterstützung bei der Kaufentscheidungen. Beides können Sie als Unternehmen am besten mit spezifischem Content liefern.
Ein Beispiel: Einsatz des Marketing-Funnels im Online-Shop
Um Personen aus dem Publikum dazu zu bringen, in Ihrem Online-Shop eine Bestellung zu tätigen, müssen diese zunächst auf Ihr Angebot aufmerksam gemacht werden (Awareness/ToFu). Hier eignen sich am besten solche Formate, die möglichst viele unterschiedliche Menschen erreichen. Dazu gehören Social Media Ads, Posts auf Social Media, Blogartikel, Events oder Außenwerbung. Sprechen Sie Ihre Zielgruppe über das Thema an und vermeiden Sie es, Ihr Produkt unmittelbar in den Mittelpunkt Ihres Contents zu stellen. Dabei sollten Sie Ihre Informationen einfach und verständlich vermitteln und auf unnötiges Fachvokabular verzichten. Diese Informationen sollten für das breite Publikum, das Sie erreichen wollen, kostenlos und ohne Zugangsvoraussetzungen verfügbar sein.
Danach gelangen Ihre potenziellen Kunden auf die eingerichtete Landingpage, die das entsprechende Produkt vorstellt (Interest/MoFu). Hier erhalten die Interessenten weitere produktspezifische Informationen, die sie zur Kaufentscheidung motivieren sollen (Desire/MoFu). Diese zusätzlichen Informationen lassen sich besonders gut über Whitepaper, Newsletter, E-Books, FAQs oder Magazin-Artikel vermitteln. Achten Sie darauf, möglichst schnell zum Punkt zu kommen und keine ausschweifenden Einleitungen zu verwenden. Die Interessenten wissen schließlich bereits über Sie Bescheid. Da die Erstellung eines Whitepapers, Newsletters oder FAQs Ressourcen benötigt, können Sie hier von den Interessenten eine Gegenleistung verlangen. Beispielsweise können Sie für das kostenlose Herunterladen des Whitepapers nach Name und E-Mail-Adresse fragen.
Auf der nachfolgenden Seite fordern Sie die Interessenten dazu auf, das Online-Formular (Namen, Adresse, Zahlungsmethode etc.) auszufüllen. Darauf folgt eine Übersicht der angegebenen Daten zur Überprüfung. Nun kann der potenzielle Kunde den Kauf abschließen (Action/BoFu). Um Kunden zum Abschluss oder zum Kauf zu motivieren, eignen sich je nach Produkt verschiedene Maßnahmen. Das können Demo-Versionen, Gratis-Angebote, Rabatte, Produkt-Factsheets oder positive Kundenrezensionen sein.
Der traditionelle Funnel weist heute einige Schwächen auf
Das althergebrachte AIDA-Modell sieht die Kundengewinnung als erfolgreiches Endergebnis an. Für heutige Zeiten greift diese Sichtweise jedoch zu kurz. Schließlich sollten die Marketingmaßnahmen nach einem Kaufabschluss nicht enden, sondern darauf ausgerichtet sein, die gewonnenen Kunden zu Stammkunden zu machen.
Das sogenannte After-Sales-Marketing wird im AIDA-Modell jedoch gar nicht erst berücksichtigt. Deshalb gewinnt das Modell des sogenannten „Flywheel“ immer mehr an Popularität. Es veranschaulicht den angestrebten Kreislauf von „Kauf-und-wieder-Kauf“. Dabei wird die Reaktivierung von Stamm- bzw. Bestandskunden für Folgekäufe und Weiterempfehlungen mitgedacht. Beim Flywheel steht der Kunde im Zentrum der Maßnahmen des Unternehmens, die alle auf die langfristige Beziehung zum Kunden einzahlen.
Im herkömmlichen Marketing-Funnel werden nur die vom Unternehmen selbst gesteuerten Kommunikationsmaßnahmen miteinbezogen. Das Kaufverhalten potenzieller Kunden hat sich jedoch durch die technischen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und des Produktvergleiches online seit 1898 verändert. Bewertungsportale, Gütesiegel und niedrigschwellige Recherchemöglichkeiten im Internet führen zu besonders gut informierten potenziellen Kunden. Bevor die Kunden mit Ihrem Unternehmen in Kontakt treten, haben sie schon Bewertungen gelesen und Preisvergleiche angestellt. Das AIDA-Modell berücksichtigt diese Entwicklung nicht. Im Flywheel hingegen können potenzielle Kunden zu jedem Zeitpunkt in den Prozess eintreten.
Der Marketing-Funnel gibt eine strategische Orientierung vor
Strukturieren Sie Ihre Marketing-Aktivitäten mithilfe eines Marketing-Funnels, steigt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Anzahl Ihrer Kunden sowie Ihre Conversion Rate. Außerdem verringern Sie bestenfalls Ihre Investitionen, weil Ihre Marketing-Maßnahmen passgenau Ihre gewünschte Zielgruppe erreichen. Das Kaufverhalten und der Kaufprozess von Kunden kann mithilfe des Marketing-Funnels abgebildet und erklärt werden. Das Flywheel als offenes Kreislaufmodell berücksichtigt die heutigen technischen Möglichkeiten und ist daher das zeitgemäßere Modell.
Der Text entstand im Rahmen einer Kooperation mit dem Studiengang Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Technischen Hochschule Würzburg Schweinfurt.
Autorin: Franziska Jahn